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Gedanken und Betrachtungen zu den Impfungen

Vor mehr als zwei Jahren begann ich, in meinem Blog https://www.anneschadde.de/blog über die Themen des Zeitgeistes zu schreiben. Im Dezember 2019 fragte ich in einem Artikel, ob ein Paradigmenwechsel unsere Welt verändern könnte und welche Rolle der Homöopathie in der Zukunft zukommt. Im Artikel Corona 2.0 fragte ich dann weiter, wie wir Homöopathen und Homöopathinnnen in der jetzigen Zeit unterstützend mitwirken können. Mir ist es ein großes Anliegen, dass wir einander mit-teilen und im Austausch sind. Gibt es doch das gemeinsame Ziel, die Homöopathie als eigenständige therapeutische Disziplin in unserer Welt noch stärker zu etablieren und weiterzuentwickeln.

Es ist mir nun ein Anliegen mit diesem Essay ein wenig Klarheit in die Irrungen und Wirrungen dieser Zeit zu bringen, damit die Homöopathie nicht in die Nähe von Querdenkern, Impfgegnern und Corona-Maßnahmen-Verweigerern gestellt wird.

Schon in den Anfängen der Pandemie interessierte mich, wie Hahnemann mit den Problemstellungen der damaligen Zeit umging. Ich las im Organon nach. In einem Schreiben an den Polizeiminister gab er Vorschriften für die Verhütung und Behandlung von Infektionskrankheiten: „Allgemeine Verhütung der Epidemien, besonders in Städten“. Damals wie heute gab es „heilsame Massregeln zu Rettung von Menschenleben“, wogegen heftig protestiert und verstoßen wurde. Offensichtlich war das Thema auch zu Hahnemanns Zeiten emotional sehr aufgeladen, gegen die Einschränkungen der persönlichen Freiheit gab es Widerstand. Hahnemann selbst mischte sich schimpfend kräftig ein, warf der Bevölkerung sogar einen „Mangel an Nachdenken“ (Organon) vor, weil sie nicht erkennen würde, wie zerstörerisch Epidemien sein könnten.

Hahnemann war ein Wissenschaftler, der die „Obrigkeit“ beriet aus seiner Erkenntnis um Gesundheit und Krankheit heraus. Diese Situation hat sich bis heute nicht verändert. Die Wissenschaft forscht und vermittelt der Regierung die Ergebnisse und die Regierung trägt die Verantwortung für die Bevölkerung und muss (wie Hahnemann schreibt) „die mächtige Hand ausstrecken“ (Organon) und Anweisungen geben. Wissenschaft ist immer in Bewegung, niemals statisch, d.h. die Erkenntnisse wandeln sich und damit entspricht dies einer Dynamik, zu der wir Homöopathen auch aufgefordert sind, um mitzuhelfen, die Ausbreitung einer Infektion zu verhindern.

Auch sind wir in der jetzigen Zeit sehr gefordert, denn jeder und jede von uns ist hineingenommen in die lodernde Thematik der Impfentscheidung. Sind wir Befürworter oder in der Gruppe der Impfgegner? Ich bin mir bewusst, dass keine der beiden Gruppen als homogen aufgefasst werden kann, da und dort gibt es die Gemäßigten, die Extremen oder einfach nur die Mitläufer. Dennoch, in jedem von uns steht eine Entscheidung an, und so möchte ich heute von meinem Zugang erzählen.

Gibt es Gedanken Hahnemanns zur Impfung? Es war die Zeit, in der die „Kuhpocken-Einimpfung“ (Hahnemanns Organon, § 56, Fußnote 1) der Ausbreitung der Menschenpocke ein Ende bereitete. Hahnemann führt aus, dass Jenners (Edward Anthony Jenner, 6.5.1749 - 26.1.1823, englischer Landarzt) Entdeckung, aus den harmloseren Kuhpocken einen Impfstoff für die viel gefährlicheren Menschenpocken herzustellen, dem Ähnlichkeitsprinzip entsprach. In § 46 erwähnt er beispielsweise, dass eine Augenerkrankung, die hervorgerufen wurde durch Menschenpocken-Infektion, durch die Impfung mit der Kuhpocke geheilt werden konnte. In der Fußnote zu § 46 Organon spricht er von dem „so wohlthätigen, merkwürdigen Ereignis, dass seit der allgemeinen Verbreitung der Jennerschen Kuhpockenimpfung die Menschenpocken nie wieder unter uns weder so epidemisch noch so bösartig erscheinen…“.

Gibt es da eine parallele Dynamik im Heute zu beobachten? Sind wir in der derzeitigen Situation auch aufgefordert, diese neue „medizinische Technik“ zu begrüßen weil wir sie als sinnvoll erkennen?

Wissenschaftler haben sich (ähnlich wie Jenner seinerzeit) wieder auf den Weg gemacht, um einen Impfstoff für diese als gefährlich eingestufte Pandemie zu entwickeln. Entsprechend dem Zeitgeist des 21. Jahrhunderts ist dies wieder etwas ganz Neues, Ungewöhnliches. Einfach übersetzt: ein Impfstoff im Informationszeitalter. Es wird ein „Bauplan“ geimpft, eine Information für die Syntheese eines Virusproteins (messengerRNA) um den Körper zum Aufbau seiner Abwehrstrategien gegen das gefährliche Virus anzuregen. Wie immer beäugen wir das Neue kritisch, aber könnte es vielleicht sogar eine wegweisende neue Errungenschaft der medizinischen Forschung sein?

Für Regierungen aller Länder dieser Welt ist der Weg über eine Impfung der einsichtigere Weg, denn die Belastung/Überlastung der Kliniken und des Klinikpersonals durch schwer Erkrankte gilt es im Blickfeld zu behalten, und die durch die Impfung hervorgerufene Immunantwort soll Menschen vor schweren Krankheitsverläufen schützen. Es gibt eine große kollektive Anstrengung mit dem Ziel, die rasante Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Hahnemann schreibt „…Jeder traut sich Stärke genug zu, dem Feindes des Lebens zu widerstehen … aber vergeblich; der Riese selbst sinkt vom Athem des Todes angeweht dahin…“. Auch unsere Wissenschaftler sind von der enormen Ansteckungskraft (bedingt durch die weltweiten Verflechtungen der ganzen Welt) und Pathogenität dieses Virus überzeugt. Wäre es da hilfreich, sich für die Tauglichkeit und dem „Segen“ einer Impfung zu öffnen?

Hahnemann weist in der Fußnote 2 zu § 141 auf das Grundwesen aller wahren Weisheit „Erkenne Dich selbst“ hin. Weise sein bedeutet, bewusst zu werden, sich selbst reflektieren zu können, unterschiedliche Perspektiven sehen zu können, und zum Wohle vieler zu handeln. Ist dies eine Aufforderung an den Homöopathen? Wäre es an der Zeit, sich den neuesten Entwicklungen der Wissenschaft zu öffnen?

Wenn wir unsere jetzige Lebensform betrachten, ist der Freiheitsgedanke, die individualistische Grundhaltung, der Selbstbestimmungsgedanke, das zentrale Thema der westlichen Welt. Das Virus hat die ganze Welt erfasst - aber auch jeden einzelnen. Das Virus macht nun auf einmal sichtbar, wie wir zwar unabhängig, aber dennoch voneinander abhängig sind, da die persönliche eigene Freiheit genau dort aufhört, wo die Freiheit des anderen beeinträchtigt wird. Wir atmen alle dieselbe Luft, in die wir das Virus entlassen.

Immanuel Kant sagt: „Die Freiheit ist die leibliche Tochter der Vernunft.“ Bedenken wir, dass wir mit unserer Haltung eine Verantwortung für die Gemeinschaft tragen und daher auch die Gesundheit vieler mit unseren Einstellungen gefährden könnten. Wir schützen den Mitmenschen, in dem wir uns schützen. Liebe ist der Dienst am Mitmenschen, zu dem wir aufgerufen sind, ganz besonders als Therapeuten.

Können wir Homöopathen gemeinsam versuchen, den Geist hinter der gesamten Pandemie wahrzunehmen, genauso wie wir bei jedem Patienten den geistigen Aspekt der gesamten Lebenssituation zu erfassen versuchen? Wir versuchen täglich zu verstehen, wie jede Erkrankung des Menschen einen Sinn ergibt. Gilt dies auch für die Erkrankung der jetzigen Zeit (die Umweltprobleme, die Gier, die Aggression, die Verhärtung der Menschen, die Engstirnigkeit der Meinung und vieles mehr). Im vergangenen Frühjahr versuchte ich in einem Video „Corona: Wie erkenne ich das Licht in dieser Krise“ aufzudecken, dass Dunkelheit nur die Abwesenheit von Licht ist. Um Licht in das dunkle Zimmer zu bringen muss man die Tür öffnen. Können wir die Tür zu einer neuen Erfahrung öffnen? Damit lösen wir uns von jeder Trennung auf der Ebene der Verurteilungen und Bewertungen.

Impfen in der herausfordernden Situation einer welterfassenden Epidemie (=Pandemie) hat für mich einen anderen Stellenwert als die individuelle Impfentscheidung in Bezug auf andere Erkrankungen. Das ist ein Thema, das uns in der alltäglichen Praxis immer wieder beschäftigt.

So bin ich persönlich in der Bekämpfung der Pandemie zum Befürworter der mRNA-Impfung geworden, für mich im Sinne Hahnemanns „AUDE SAPERE“, sich selbst zu reflektieren, unterschiedliche Perspektiven zu sehen und zum Wohle vieler zu handeln.

Ich möchte mit Schillers Worten der Europa-Hymne „Freude schöner Götterfunken“ enden: Der Zauber der Freude vereint die Menschen, die getrennt sind durch „die Mode“ (die in einem bestimmten Zeitraum geltende Regeln). Damit wird eine neue Kraft in unserer Gesellschaft entstehen können.

31. Dezember 2021 Anne Schadde

Fussnoten: Samuel Hahnemann, Organon der Heilkunst, Haug-Verlag, Heidelberg, 6. Auflage 1987, S.272 ff.

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Anne Schadde
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